Gedanken zur (Selbst-) Liebe.

Ein Nein ist ein Ja zu mir.

Warum ist ein Nein eigentlich für viele Menschen so schwer zu akzeptieren?

Und warum scheint in den Köpfen der Menschen irgendwo die Vorstellung zu grassieren, dass ich als Yogalehrerin irgendwie Feen-gleich mit stetig offenen Armen, offenem Herzen (und offenem Haar) zu allem Ja und Amen sagen muss? Immer wieder wenn ich zu anderen Menschen Nein sage, kriege ich eins aufs Dach, darum geht es in diesem Text.

Ich habe drei Kinder, es ist mir klar, dass für ein (kleines) Kind, dessen Selbstregulation noch nicht so weit entwickelt ist, ein Nein eine Zurückweisung des eigenen Willens bedeuten kann, weshalb ich dann auch die entsprechende Reaktion (Wut, die sich äussert in schreien, weinen etc.) aushalten können muss. Manchmal scheint es mir aber, Erwachsene könnten Neins von ihren Mitmenschen keinen Deut besser als Kinder aushalten – und sie sind nicht gewillt, ein Nein von einer Yogalehrerin anzunehmen.

Die Reaktionen auf meine Neins sind mannigfaltig vom traurig bis lustig. Mein Neins formuliere ich stets freundlich, aber entschieden, sie beziehen sich auf Zusammenarbeit, Finanzen, Mieten etc. Die übliche Reaktion, immer als Vorwurf formuliert:

-Du erzählst in deinen Lektionen etwas anderes, als du lebst!-Offenbar gehen Theorie und Praxis hier weit auseinander! Kreativer diese Reaktion:

-Hier ist ganz viel negative Energie, dagegen muss ich mich schützen!Schon fast zum Lachen ist diese Reaktion:

-Die Energie in deiner männlichen Ahnenlinie ist gestört!Und damit verbunden das Angebot diese (mittels Fernheilung) aufzulösen.

Um das mal klarzustellen: ein Nein ist in keiner Art und Weise negative Energie und muss sicher nicht auf eine Störung hinweisen, es ist nichts anderes als einfach ein Nein zu einer Frage, einem Angebot, es ist auch kein Nein zu Dir als Person, wer das so auffasst, hat noch einiges an persönlicher Arbeit vor sich.

Gestört wäre sicher eher immer Ja zu sagen!

Hätte ich inmitten meines wilden Ritts als Mutter von drei Kindern/Teenagern, Studio- und Ausbildungsleiterin, Tochter und Ehefrau nicht gelernt Nein zu sagen, wäre ich als Mensch ganz einfach sang- und klanglos untergegangen. Ja es ist so, meine Eltern erzählen, dass mein erstes Wort «Selber» und mein zweites Wort «Nein» war, ein gewisser Eigensinn ist mir wohl in die Wiege gelegt worden.

Aber Frauen, wo bleiben wir, wenn wir nicht eigensinnig sind? Und hören wir doch jetzt auf uns gegenseitig zu beschuldigen, wenn wir von einander nicht immer das kriegen, was wir uns wünschen! Begraben wir endlich das Bild des holden heiligen Weibleins, das es allen recht macht, es hat uns nirgendwo hingebracht. Wenn ich eins weiss, dann dies, ich bin nicht hier um die Bedürfnisse und Erwartungen anderer Menschen zu befriedigen (und du auch nicht). So stark tragen wir Frauen in unserer DNA, dass es nicht richtig ist, sich im eigenen Leben zu priorisieren, zur eigenen Nummer Eins zu machen, dass wir verlernt haben unsere eigenen Bedürfnisse wahr- und ernst zu nehmen.

Yoga ist Ja zu mir und zu meinem Leben zu sagen. Denn nur dann kann ich ein glückliches und erfülltes Leben führen, ohne dass ich am Ende meiner Tage enttäuscht sein werde, dass meine Wünsche und Träume nicht in Erfüllung gegangen sind und dafür anderen frustriert die Schuld in die Schuhe schieben muss.

Wenn ich also Nein sage, ist das zutiefst yogisch, denn dann habe ich auf mich gehört und mich für mich eingesetzt. Ein echtes Nein aus dem Herzen ist weitaus ehrlicher, aufrichtiger, authentischer als ein falsches Lippenbekenntnis-Ja. Denn Yoga heisst vor allem eines: zu sich finden und bei sich bleiben und von dort aus den eigenen Weg gehen und die Neins, die diesen Weg säumen tragen mehr zu einem friedlichen und ruhigen Zusammenleben bei als all die halbherzigen Jas um des lieben Friedens willen.

Denn ich kann nur meinen Weg gehen und nicht deinen.

Welchen Weg wählst du?