Übergänge

Nun ist der da, der Spätsommer! Wie schön! Und doch spüren wir bereits, auch wenn es jetzt nochmals richtig warm ist, die ersten Anklänge des Herbstes, der uns den Winter bringen wird, wir wissen, wir spüren, dieser Sommer wird nicht ewig dauern. Das Licht ist weniger grell, am Morgen schleichen manchmal einzelne Nebelschwaden über den Rhein, abends wird es früher dunkel.

Dieses Jahr, und eigentlich schon die letzten Jahre, stimmt mich diese Zeit mit ihrer Vergänglichkeit melancholisch. Vielleicht war das schon immer so und ich habe es einfach weniger wahrgenommen, vielleicht ist es, weil meine Kinder langsam das Nest verlassen, in diesen Wandeljahren, wenn Altes sich auflöst und das Neue noch nicht da ist, ruft alles Veränderung, und je nach Tagesform nehme ich diese Zeit des Wandels als Vergänglichkeit oder als Aufbruch wahr. Wahrscheinlich, oder eigentlich sicher, ist sie einfach beides zusammen, sowohl als auch, weshalb ich manchmal traurig bin und manchmal voller Vorfreude. Ein Übergang halt, so wie die Zeit zwischen Sommer und Herbst. 

Übergänge können sich manchmal ganz schön shaky anfühlen. Wenn alte Gewissheiten wegbrechen und neues Land noch nicht in Sicht ist, was ist dann, worauf vertrauen? Ich brauche (auch) Sicherheit in meinem Leben, vielleicht weil ich seit vielen Jahren selbständig bin, und gerade wenn das Konto auch nicht gerade Sicherheit ruft, kündigt die Vermieterin eine Mieterhöhung an und und und … Woran kann ich mich halten, woran orientieren? Wohl kaum an äusseren Sicherheiten, wie schnell die wegbrechen können, weiss man ja nun, in diesen mittleren Jahren, mit einer Pandemie im Lebenslauf, als man plötzlich so total unrelevant wie noch nie war. 

Kein Wunder, denk ich mir da, kennt man in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), auf die sich das Yin Yoga bezieht, eine fünfte Jahreszeit, den Spätsommer, der sich auf das Element Erde bezieht. Wie gut es jetzt tut, diese Sequenz für mehr Boden unter den Füssen (und Ruhe im Kopf) zu üben, wie eigentlich immer in Zeiten des Überganges, wo jedesmal das Element Erde wichtig ist und eine Brücke baut vom einen zum anderen. 

Bei der letzten Reiki-Herzmeditation habe ich deshalb gefragt: Welches war die grösste Veränderung in deinem Leben? Diese Frage gilt es, nicht mit dem Kopf, sondern unzensuriert mit dem Herzen zu beantworten. Für mich war es, die Geburt meiner ersten Tochter, als auch ich ein neuer Mensch und als Mutter geboren wurde. Nichts war mehr wie vorher! Die meisten Mütter wissen wohl, was ich meine …

Im Yoga kennen wir das hinduistische Konzept der drei Götter Brahma, Vishnu und Shiva oder in der weiblichen Variante von Saraswati, Lakshmi und Kali, die jeweils eine Einheit verkörpern und untrennbar mit einander verbunden sind. Diese drei verkörpern jeweils einen Aspekt des gesamten Lebens im Universum: Brahma/Saraswati erschafft, Vishnu/Lakshmi erhält, und Shiva/Kali zerstört. Dies ist der Lauf der Natur. 

Unsere kapitalistische Welt hat sich jedoch vollkommen dem Erschaffen und vor allem auch dem Erhalten verschrieben, Loslassen oder gar Zerstören kommt in diesem Prozess gar nicht vor, es soll, so lehrt uns die Wirtschaft, immer mehr werden, tut es dies nicht, wird sogleich von Krise gesprochen. Was für ein Irrweg! Kein Wunder halten wir oft sogar an Dingen, Gewohnheiten, Überzeugungen oder sogar Menschen fest, die uns gar nicht gut tun. Kein Wunder krankt die Welt an unserem viel zu grossen Fussabdruck. Dabei könnten wir es einfach der Natur gleich tun, etwas kommt, bleibt, geht … Das ist keine Krise, das ist ein Kreislauf. Wir können ihn entweder surfen oder … Wie heisst das Sprichwort? Wenn du den Drachen nicht reitest, reitet er dich. 

Wir werden geboren, leben und sterben, dagegen ist noch kein Kraut gewachsen. Das tibetische Buch vom Leben und Sterben spricht davon, was also für ein Segen lange leben zu dürfen. Auch im Yoga „üben“ wir das Sterben, wenn wir uns am Ende jeder Praxis ins Shavasana legen, der Totenstellung, die uns erinnert, dass alles ein Ende hat, auch unser Körper, die Hülle mit der wir in diesem Leben gesegnet sind und die Welt erfahren dürfen. Weil wir aber so verkopft sind sind wir nicht mehr verbunden mit diesem natürlichen Kreislauf von Werden und Sterben und reagieren auf Veränderungen mit Widerstand, Erschrecken, Feshalten. 

Ist das Erd-Chi unausgewogen, die Energie, die verbunden ist mit den Organen Milz und Magen, kann es sein, dass wir uns unnötig Gedanken und Sorgen machen, die Gedanken drehen sich vielleicht im Kreis und Befürchtungen aller Art tauchen auf, was wäre wenn … Doch die Gegenwart kennt keinen Konjunktiv, Ängste sind immer Kopfgeburten und mindestens 99 Prozent von ihnen treten nie ein. Im Gegenteil, wir verlieren so viel Energie durch diese Grübeleien! „To worry is to pray for something you don’t want!“ sagt Sharon Gannon, die Gründerin von Jivamukti Yoga. Wir verlieren also nicht nur Energie sondern schicken sogar noch die falsche Energie ins Unversum hinaus, das nämlich das Wort „nicht“ nicht versteht. Lieber also nutzen wir doch unsere Energie durch unsere positiven Gedanken um ein Leben zu kreieren in dem uns wohl ist und uns glücklich macht. 

Wie also kannst du die Kraft der Erde für dich nutzen?

-sorge gut für dich (und für andere): halte dich z.B. an regelmässige Essens- und Schlafenszeiten

-nähre nicht nur dein Körper gut sondern auch deine Seele mit guten Eindrücken

-mach dich locker, wenn nicht alles nach deinem Kopf geschieht (Yoga hilft) 

-hör auf über Dinge nachzugrübeln, die du nicht ändern kannst (unterscheide weise)

-achte auf dein Wohlbefinden, wo und wie und mit wem fühlst du dich wirklich wohl?

-Dankbarkeit hilft die Fülle innere und äussere Fülle bewusst wahrzunehmen

Wir sind aufgehoben in einem grösseren Plan, lassen wir das Universum uns führen, beschenkt uns das Leben mit wunderbaren Möglichkeiten, die wir uns gar nie hätten selber ausdenken können. Wir müssen nicht alles verstehen um JA sagen zu können! Oder wie mein Lehrer Mark Whitwell immer sagt: Your life is a process you can trust!

Schöne Spätsommertage wünsche ich euch!

Alles Liebe

Barbara