Bin ich weiblich? Kürzlich habe ich ein Kompliment bekommen für meine „Weiblichkeit“. Danke dafür! Ich setze Weiblichkeit in Anführungszeichen weil ja frau jetzt eigentlich erstmal drüber reden müsste, was Weiblichkeit denn ist. Ich finde es wichtig, dass wir nicht in Stereotypen fallen und uns an Klischees von Frau-Mann orientieren, ich finde: alle so wie sie wollen und Gottseidank ist das ja heute zumindest in unseren Breitengraden immer mehr möglich! Es gibt z.B. diese Videos auf Youtube von Frauen über Themen, wie frau mehr in die feminine Kraft zurückfinden kann und diese Frauen haben immer einen Blumenstrauss hinter sich stehen und es wird auch oft geraten, sich selber Schnittblumen zu kaufen (für ein weibliches Ambiente). Ich aber mag Schnittblumen meistens gar nicht! So wenig wie Blümchenkleider, Stiletos und Strapse. Schicken wir also diese Klischees gleich mal zum Mond! Hier soll es um Energie gehen und nicht um Attribute.

Als Frau in einem Frauenkörper ist es mir aber wichtig Yoga für diesen weiblichen Körper zu machen und die Yogapraxis auch dementsprechend anzupassen. Ich möchte auch gerade in den Yoga-Ausbildungen ein tiefes Verständnis entwickeln für die Energien Yin und Yang, im Yoga Ha – Tha, Sonne und Mond. Denn Yoga möchte uns ja genau helfen diese beiden Energien zu balancieren. Dafür braucht es auch den Blick, wo wir aus der Balance geraten sind und sich die Energien nicht mehr die Waage halten. 

Als Yogalehrerin nehme ich die Menschen quasi von der anderen Seite her wahr, auch weil mich die Geschichten der Menschen, die zu mir kommen, interessieren. Was suchen sie im Yoga, was erhoffen sie sich vom Yoga? Viele Menschen sind aus dem Gleichgewicht geraten und hoffen im Yoga wieder „ganz“ zu werden, gesund in einem ganzheitlichen Sinn. 

Was aber hat Weiblichkeit damit zu tun? Die Yang-Energie ist vereinfacht gesagt machen/tun, die Yin-Energie sein/ruhen. Wenn wir nun auf unseren Alltag schauen, werden die meisten von uns schon feststellen, dass sie nicht wirklich in der Balance sind und Yang überwiegt. Langfristig brauchen wir dadurch zu viel Benzin und verlieren zu viel Kraft. Kaum jemand wird bestreiten, dass wir in einer Yang-Gesellschaft leben, in der früh bereits Leistung erwartet und belohnt wird. In unserer Welt ist es nicht einfach die weibliche Kraft zu leben, niemand wird gelobt dafür, sich genügend Pausen zu gönnen und sich gut um sich selbst zu kümmern, dabei könnte gerade das eine stille Revolution sein.

Yoga möchte aber, dass wir grundsätzlich mehr verstehen: unseren Körper, uns selbst, das Leben. Höre auf deine Körpersprache und lerne zu verstehen, was dein Körper dir mitteilen möchte. Da wir aber in einer Welt der Äusserlichkeiten leben, wo es wichtig ist zu zeigen wie beweglich und fit jemand ist, glauben wir oft, Yoga heisse auf dem Kopf zu stehen oder Sonnengrüsse zu machen. Eigentlich ist aber Yoga viel mehr und Asanas (die Körperübungen) nur eine Stufe auf dem Weg.

Yin ist die empfängliche Energie, mein Lehrer Mark Whitwell spricht viel davon, dass die heutigen Menschen verlernt haben zu empfangen, die ja auch ein Zulassen ist, überhaupt lassen: sein lassen, los lassen, ein lassen, zu lassen … 

Leider liegt also unser Yin, das so lebenswichtig ist, oft wie ein vergessener Schatz tief in uns vergraben und das ist traurig. Sind Yin und Yang aus dem Gleichgewicht geraten, unsere weiblichen und männlichen Energien nicht mehr im Einklang, werden wir das spätestens in den Wechseljahren merken. Gerade viele Frauen empfinden aufgrund von zu wenig Möglichkeiten ihre weibliche Energie zu leben eine innere Lehre und tiefe Sehnsucht nach selbst. Dies kann gerade auch in den Wechseljahren akut werden, wenn die Beschwerden nicht mehr zu übersehen sind und buchstäblich ein Wandel gefordert wird. 

Lebst du mehr im Yang? Das können Anzeichen dafür sein:

-du tust dich allgemein schwer mit allem was dein Frau-sein ausmacht

-du lebst nicht zyklisch und passt z.Bsp. deinen Lebensstil (und auch deine Yogapraxis) nicht deinen weiblichen Bedürfnissen an, Zyklus, Schwangerschaft, Rückbildung, Mutterschaft, Wechseljahre

-du bist gestresst, viel im Machen-Modus, kannst dich nur schwer entspannen

-du hälst nichts von Frauengruppen

-sehr weibliche Frauen oder Frauen die sich trauen ihre Weiblichkeit zu leben triggern dich

-du siehst und schätzt den Wert von Yin-Qualitäten nicht …

-du hast Mühe mit Veränderungen, auch deinen eigenen körperlichen … u.v.m. 

Körperlich können sich auch u.a. folgende Symptome zeigen:

Einschlafschwierigkeiten, unruhige Träume, nächtliches Aufwachen, Ängstlichkeit, schreckhaft und zittrig sein, Ohrgeräusche, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, sexuelle Lustlosigkeit. 

Wie aber kannst du deine weibliche Seite stärken? 

-schenke dir mehr Entspannung (auf Muskelebene, aber auch geistig), entspannte Körperübungen (Yin Yoga, Tai Chi, Qi Gong, Genuss vor Leistung), Meditation, Reflexion, Stille, tiefes entspanntes Atmen

-geniesse Mutter Natur (nicht nur in Form von Sport, sondern von Sein), barfuss laufen, sich unter einen Baum setzen, sich auf eine Wiese legen

-das Element Wasser repräsentiert das Weibliche, das Wasser sucht immer den Weg in die Tiefe, das ist das Wesen der Frau

-kreativer Ausdruck ist ein ein weiblicher Askpekt der Schöpfung (jeglicher Entstehungsprozess eingebettet in Freude und Begeisterung ist Yin-Energie 

-die weibliche Energie ist ausdehnend, sie zeigt sich in Kreisen und Wellen (nicht linear wie die Yang-Energie) und erinnert damit daran, dass wir zyklische Wesen sind, daran erinnert auch der Mond, richte deinen Alltag nach deinen Zyklen aus, verbinde dich mit der Mond-Kraft und lerne so deine weibliche Kraft wieder mehr zu schätzen und zu würdigen

-nutze die Nachtstunden zum Schlafen, sie harmonisieren das Yin

-Fleisch, Alkohol, Zucker und Weissmehl sind der Yin-Energie nicht förderlich, versuche viele frische und nicht verarbeitete Lebensmittel zu essen

Die weibliche Energie kannst du auch stärken indem du dir immer wieder Zeit gibst

-anzukommen, in die Ruhe zu kommen, inne zu halten (gerade auch vor Entscheidungen)

-dich im Herzen zentrierst (das Herz ist die Mitte zwischen Körper und Geist), übe mehr aus dem Herzen zu leben als aus dem Verstand (Yang) 

-spüre deine weibliche Seite und begegne ihr achtsam mit Verständnis und Wohlwollen (deine linke Seite, deinen weiblichen Organen, deinem Zyklus, generell deinem weiblichen Körper)

-harmonisiere dein Nervensystem und aktiviere deinen Parasympathikus

-baue Kraft auf aus deiner Mitte, deinem inneren Einklang, du entscheidest und handelst aus der Ruhe und dem Herzen, nicht aus Unklarheit und Eile, oder Angst und Druck

-du kannst immer bewusster deine weibliche Energie als Kraft wertschätzen 

Wenn das Körperliche mit der Seele eins wird, unterstützen diese beiden einander und öffnen das Bewusstsein. Yin schenkt Wurzeln und Halt. Wenn wir (Frauen) den Weg wählen unsere weiblichen und männlichen Anteile in Einklang zu bringen, wählen wir den Weg zu uns selbst! Dann spüren wir eine authentische Kraft und erlangen Vollmacht über unser Leben, und können so auch unseren Alltag nach unseren Wünschen, Vorstellungen und Bedürfnissen gestalten und uns von alten Bindungen, Prägungen und Glaubensmustern befreien. 

Frauen, die diesen Weg wählen, kommen in ihre Kraft und können die Führung über ihr Leben übernehmen, sie sind sich ihres Körpers, ihrer Präsenz bewusst und leben und handeln in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen ihres Körpers und leben aus dem Herzen heraus ohne dabei den Verstand ausser Acht zu lassen. Diese (weibliche) Reise ist eine Revolution und hat nichts mit Schnittblumen zu tun, aber viel mehr mit Selbstbewusstsein und Authentizität, sie braucht Achtsamkeit und Wachsamkeit, Kraft und Mut.

„Sei die Heldin deines Lebens, nicht das Opfer.“ Nora Ephron 

Lass mich wissen, wie es dir mit dem Thema geht.

Barbara💛